31 Dezember 2008

...

- oder: Von Einer, die auszog, das Fürchten zu lernen. -

Wischmeyer geht auf Universumstour – und wir gehen mit! So einfach hatten wir uns das gedacht, mein Kumpel und ich. Eine typische Kneipenidee, fürwahr, denn hätten wir geahnt, was auf uns zukommt...

...hätten wir es trotzdem getan.

Bramsche, Bünde, Quelkhorn – wer diese drei Orte kennt und auf Anhieb sagen kann, wo sie liegen, kriegt nen Keks. Ich zumindest hatte noch von keinem von ihnen je gehört. Abenteuerland Niedersachsen! (Und, wie sich später herausstellte, auch NRW.) Vielen Dank an dieser Stelle schon mal ans FSR, den großen Gott Dietmar Wischmeyer und besonders an Harm Wörner, der auf Grund der ausgewachsenen Bescheuertheit dieser unserer Idee sofort erklärte, uns auf die Gästelisten der drei Spielorte zu setzen. Wohl vor allem deshalb, weil wir diesen Wahnsinn auch noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewältigen planten, was zu besorgten Nachfragen seitens der Verantwortlichen führte: „Und ihr wollt das echt durchziehen? Mit dem Öffi??“ Ja, wollten wir. Und haben wir tatsächlich getan, so zeitaufwändig und nervenraubend es auch war.

Los ging es für mich also morgens aus der brandenburgischen Provinz zunächst nach Berlin, dann nach Osnabrück und von dort nach Bramsche. Reine Fahrzeit: viereinhalb Stunden, durchsetzt von der sich ständig wiederholenden Frage „Was zum Henker MACH ich hier eigentlich?“ Diese Frage stellte sich auch mein Begleitherr, den ich nach einer Stunde bangem Warten im wunderbar passenden niedersächsischen Nieselregen in Empfang nehmen durfte. Gemeinsam wurde alles klarer – wir machten das hier schließlich um der heiligen FSR-Tradition Willen und mitnichten aus Spaß. Wir hatten eine Mission! Das leuchtete ein. Ähm. Uns zumindest.

Bramsche war in allem eine Offenbarung – wunderbare nette Menschen überall, eine zauberhafte kleine Stadt und vor allem ein Hotel, das allen Erwartungen Hohn sprach mit seinem Entgegenkommen und seinem urgemütlichen Charme. So ein grandioses Zimmer werde ich wohl nie wieder haben – knarrende Dielen, Raucherlaubnis, gemütliche Möbel aus den (gefühlt) 30er Jahren – und das Ganze inmitten der überwältigenden niedersächsischen Natur! Das war Liebe auf den ersten Blick, obwohl wir in einer irgendwie unwirklichen Parallelwelt waren, wo es hauptsächlich Bäume und Matsch in Hülle und Fülle gab. Mein Begleitherr schien völlig fasziniert von meiner hingebenden Freude, aber ich konnte nicht anders – ich genoss es von Herzen, sog jeden Blick, jede Sekunde in mich auf. Danke, Niedersachsen, danke, Bramsche! Auch das Universum-Kino (in dem die abendliche Lesung stattfand, die uns schließlich überhaupt erst hier her brachte), hatte es in sich: steinerne Göbelflecken im Foyer und Guinness vom Fass, ja, genau hier sollten wir sein.

Nach einer Nacht voll technischer Wunder (Ferni im Hotel neu einstellen und mit einem kleinen Zauberkasten live bloggen) ging es weiter über Osnabrück nach Bünde - natürlich mit obligatem Kniefall samt gemurmeltem "Wir sind unwürdig, wir sind unwürdig!" beim Halt in Melle (Wischmeyers Geburtsort). Womit wir wieder einmal bewiesen, dass wir fähig sind, jederzeit die Aufmerksamkeit unserer Mitreisenden zu erwecken... Ähm. Wo war ich? Ach ja, Bünde! Das liegt schon in NRW, liebe Kinder, also frei nach dem FSR noch hinter Mordor. Entsprechend fühlten wir uns auch, als wir dort aus dem Zug fielen. Verängstigt. Unsicher. Aber bei der Ankunft an unserer Pension verkündete ein riesiges Schild bereits, dass dort demnächst eine Oldie-Party mit DJ Dietmar [sic!] stattfinden würde. Als wir dann auf verschlungenen Pfaden zu unserem Zimmer geführt wurden, ging es noch vorbei an einer Horde unschuldig dreinblickender Prengel. Konnte das wahr sein? Ja! Auch hier waren wir also richtig, die Parallelwelt, die wir suchten, erstreckte sich tatsächlich bis hinter Mordor. Faszinierend!
Es folgte ein weiterer wunderbarer Abend in einem kleinen, abergläubischen Universum-Kino (es gibt dort die Reihen 12 und 14, aber keine Reihe 13 - die wurde dann extra für uns aus Klappstühlen aufgebaut) mit Herforder Pils und einer dezent hyperventilierenden Gertrud. Glücklicherweise hatten wir im Vorfeld bereits eine absolut fabelhafte Kneipe gefunden, die uns vor dem Auftritt mit Essbarem und hinterher mit reichlich Trinkbarem sowie einer seltsamen Musikauswahl versorgte, so dass ich beruhigt die abschließende abenteuerliche Fahrt durchs wilde Westfalen in unsere wiederum am Arsch der Welt liegende Pension antreten konnte...

...Fortsetzung folgt...



- Fortsetzung des Vorhergehenden. -

Aus dem geheimnisvollen NRW ging es dann am nächsten Tag wiederum über Osnabrück ins nicht weniger mysteriöse Quelkhorn. Unsere Info besagte, das liege irgendwo bei Bremen. Also sind wir konsequenterweise erstmal nach Bremen gefahren und haben dort einen verheißungsvoll wirkenden Bus bestiegen. Dessen Fahrer wusste zwar auch nicht, wo genau wir aussteigen müssen, aber wir hofften einfach mal das Beste und belustigten uns gegenseitig mit einem halbstündigen Feuerwerk aus Frieda-und-Anneliese-Zitaten.
Irgendwann hatte die Landschaft um uns herum ganz und gar nichts städtisches mehr an sich, das fühlte sich goldrichtig an, ergo stiegen wir aus und suchten unseren Hort des Vergnügens für den Abend - das Lokal "Bergwerk". Welches im Übrigen sehr zu empfehlen ist: nettes Personal, gutes Essen, Guinness vom Fass! *Werbung Ende*
Die Lesung im alten Kneipen-Saal war atmosphärisch die dichteste, weil es unfassbar voll war. Wann hab ich zuletzt Stehplätze bei einer Nicht-Musik-Veranstaltung gehabt? Noch nie. Doch hier habe ich es genossen, der letzte Abend der Tour war wie erwartet der Höhepunkt unserer Reise.

Da in Quelkhorn und Umgebung partout kein Zimmer aufzutreiben war, hatten wir uns auf eine lange und verdammt kalte Nacht in der Pampa eingestellt - doch unser Retter Harm Wörner bot an, uns zumindest bis nach Bremen zu bringen. Letztendlich kam es sogar noch besser: mein Begleitherr fuhr mit Harm nach Bremen und von dort in seinen Heimatort. Ich aber durfte es mir im Automobil des Meisters höchstpersönlich gemütlich machen und ließ mich äußerst komfortabel und mit sehr kurzweiliger Unterhaltung zu meinem besten Freund in die Nähe von Hannover chauffieren. Nicht, dass ich geistig auch nur annähernd auf der Höhe gewesen wäre währenddessen, neinnein, ich saß die meiste Zeit dämlich grinsend im Fond und wagte vor Ehrfurcht kaum zu atmen. Aber so erfüllte sich dann letztendlich noch mein Reisemotto: Ich lernte das Fürchten, wenns auch nur das Ehrfürchten war ;-).

Nun noch die unvermeidliche abschließende Lobhudelei:

mein besonderer Dank geht an
Harm Wörner - fürs beharrliche Unterstützen unserer Bescheuertheit, fürs Organisieren, Machen, Tun und alles andere.
Dietmar Wischmeyer - für drei wunderbare Abende, die mein Leben sehr bereichert haben, und fürs zur Verfügung stellen eines Plätzchens in seinem noblen Flaggschiff, welches mich bis vor die Haustür meines besten Freundes brachte.
Roman Wulf - für viele lustige Wortwechsel, jede Menge Spaß und das Fahren des Flaggschiffs.

Und zu guter Letzt: Mathias Segebade - mein Begleitherr und inzwischen auch guter Freund - für all das Lachen, Labern und Rumkaspern, für drei wunderbar weltferne FSR-Missions-Tage.


Darüber hinaus danke ich Wele dafür, dass er seit nun bald drei Jahren mein Privat-Ferkel ist und damit mein allgemeines Dasein ungemein verschönert. Unter anderem dadurch, dass er meinen FSR-Wahn nicht nur toleriert, sondern sogar vehement unterstützt. Ohne seinen Zuspruch hätte ich diesen irrsinnigen Trip niemals gemacht - und eine Menge versäumt. Lala-LALLA, ich lieb dich, du Dreck! ;-)

25 Dezember 2008

Wo...

...sind eigentlich alle?? Das Zwischennetz ist wie leergefegt, meine Kontaktliste bleibt komplett grau, Freunde gehen nicht ans Telefon und sogar der gruselige alte Mann, der mich immer um Zigaretten anschnorrt, schlürt nicht mehr vor dem Hotel auf der Straße herum. Überhaupt, die Straße! Man kann sie sehen! Der Stutti, sonst zugeparkt bis unters nicht vorhandene Dach, zeigt das irgendwie erschütternde Bild freien Parkraumes... Wenn man aus dem Bahnhof stolpert, fragt man sich unwillkürlich: "Was hier denn los??"

Doch meine werten Mitmenschen lassen mich mit ihrem penetranten Frohes-Fest-Gewünsche nicht lange im Unklaren, ach so, es ist ja Weihnachten. Feldfoschergemäß angepasst an meine Umgebung wünsche ich artig Frohsinn und gutes Rutschvermögen zurück und frage mich innerlich, was dran ist an diesem Event am Jahresende, dass es das ganze Land verändert... Es teilentvölkert ganze Großstädte, weil all die toughen Karrieremenschen brav zu Mami aufs Land fahren zur Bescherung und zum Bauch vollschlagen. Leute, die mir sonst das ganze Jahr über predigen, dass Gott ja wohl sowas von nietzsche-mäßig tot sei, eilen an mir vorbei zur Christmette. Alle haben sich lieb, oder sie tun zumindest so. Ich kann mir nicht helfen, irgendwie erscheint mir das dann doch dezent paradox.

Warum macht man an Weihnachten Dinge, die man das ganze Jahr über nicht tut? Oder andersherum gefragt, warum tut man die Dinge, die man vorgibt, an Weihnachten ach so gern zu machen, nicht auch mal irgendwann anders - einfach so? Oma besuchen, mit dem Onkel einen Spaziergang machen, mit den Neffen spielen, bei Muttern zum Sonntagsbraten erscheinen, wo sie doch am Telefon schon immer so sehnsuchtsvoll fragt... Der kollektive Ausbruch von Familiensinn zu Weihnachten ist mir unheimlich. Wer einen kalendarischen Anlass braucht, um nett zur Blutsverwandtschaft zu sein, der kann sich den ganzen Schmus eigentlich auch gleich sparen. Drei Tage Frohsinn und Harmonie heucheln, auch wenn mir gar nicht danach ist - das wäre mir persönlich schlicht zu anstrengend. Also hab ich einfach alle gern, die mir irgendwie nahestehen: Freunde, Verwandte, Kollegen. Und zwar immer, nicht nur, wenn der Jahreslauf es vorgibt.

Frohes Fest allerseits! (ohne jede Ironie gesprochen :-) )

24 Dezember 2008

Weihnachtsmorgen!

Wo Andere beschwingt mit Glöckchengebimmel, Geschenkpapiergeraschel und Rumgeherze an Verwandten und Bekannten sich auf die heilige Nacht vorbereiten, schleiche ich in diesem Jahr völlig allein durchs Revier; ein selbstgewähltes Weihnachtsverweigerungsenklave zwischen viel Arbeit und wenig Schlaf. So weit, so wohltuend.

Wäre da nicht Mutter Natur - sie weigerte sich, mich unbeschenkt in diesen Tag gehen zu lassen und gewährte mir binnen weniger Minuten ein paar wunderbare Momente: zwei friedlich im letzten Hauch Dämmerung äsende Ricken, ein tief und träge über mir segelnder Graureiher, ein schreiender Busch (in dem es vor Spatzen nur so wimmelte), zu Hause wartete schon mit schief gelegten Köpfchen und dem üblichen Gezeter meine Meisenmeute... Ja, ich habe mich richtig entschieden, die Einsamkeit tut mir gut. Lasst die Menschen dort draußen ruhig ihr kommerzverseuchtes Fest feiern, das herzlich wenig von seinem ursprünglichen Sinn bewahren konnte und an dem eigentlich nur noch die Kinder eine ehrliche, ehrfürchtige Freude haben. Gertrud hingegen genießt die winterlichen Morgenstunden mit ihren stillen, bezaubernden Augenblicken ohne Gebimmel und Gefunzel...

16 Dezember 2008

Lichterketten...

...sind vom Teufel. Jawohl.

Der ganzen Welt geht der Arsch auf Grundeis wegen drohendem Klimakuddelmuddel, es gibt Konferenzen, Verträge und griesgrämig dreinschauende Menschen in schlecht sitzenden Anzügen, die sich mit nichts anderem als diesem nahen Weltuntergang beschäftigen - und was macht der Normdeutsche?

Ab Mitte November, spätestens aber ab dem ersten Advent, funzelt halb Deutschland hysterisch blinkend und völlig sinnentleert vor sich hin. Die EU will aus Klimaschutzgründen die Glühbirnen verbieten und nur noch Energiesparlampen zulassen, aber hier im Land der Grenzdebilen - wo man sich zum Lachen entweder Uniformen anzieht oder gleich in den Keller geht - wird Fröhlichkeit mit schreibuntem Plastikschrott simuliert. Dieser wird schubkarrenweise in die Vorgärten gekippt und darf sodann acht Wochen lang den teuren Strom verkonsumieren, den Freund Halbidiot sich das Jahr über vom Munde abgespart hat. Geht es eigentlich noch dämlicher?

Ja, erstaunlicherweise geht das - man schaue über den großen Teich ins Land, wo Klimaschutz egal ist, weil man ja alle Ressourcen der Welt zu jeder beliebigen Zeit mal eben per Krieg an sich raffen kann, was kost' die Welt, wir sind the land of the free! Nicht einmal die weltweite Finanzkrise - die immerhin in den USA ihren Anfang nahm - scheint dem großzügigen Verschwenden von Energie Einhalt zu gebieten, denn auch in diesem Jahr gibt es schon die ersten "Christmas Lights Gone Wild"-Clips auf youtube zu sehen, wie diesen hier (Vorsicht, akute Augenzerrungsgefahr!!).

Zugegeben, die Musik ist schmissig, aber man rechne einmal die Stromkosten all der blöden Schweine hoch, deren ähnliche Videos man im Zwischennetz findet und überlege sich anschließend, wie vielen Menschen, Tieren und Pflanzen, die nicht so einen Scheiß veranstalten, man mit diesem Geld hätte helfen können. Wenn derartiger Wahnsinn sich auch in Deutschland durchsetzen sollte (und wir sind auf dem Weg dahin!), dann wandere ich aus. Versprochen. Vielleicht sollte ich mir schon mal überlegen, wohin...

01 Dezember 2008

Schönheit...

...liegt ja immer im Auge des Betrachters. Man betrachte also Folgendes:

Nach vierzig Minuten langweiliger Bahnfahrt durch Dämmerung, triste Städtchen und unspektakulären Nutzwald schießt der Zug aus letzterem mitten hinein in die Leere der märkischen Heide - und ich klebe staunend wie ein kleines Kind am Fenster. Mit weit aufgerissenen Augen sauge ich gierig das märchenhafte Bild in mich hinein, das sich mir heut Morgen ein wenig schamhaft darbietet.

Rauhreif liegt über der Weite dort draußen, wie mit Puderzucker bestäubt liegt die Landschaft ruhig und friedlich da, schlafend - träumend? Zarte Schwaden morgendlichen Nebels schleichen Hand in Hand übers Feld, als würden Feen einen bedächtigen Reigen zum Lobe der Natur tanzen. Ganz in der Ferne, fast wie am anderen Ende dieser eisigen weißen Welt, zeigt sich schüchtern ein zaghafter Streif Morgenrot und dem Gesamtbild wohnt eine umwerfende Sanftheit inne, die mir die Knie weich werden lässt...

Ja, zugegeben, solche Momente machen mich zur sentimentalen ollen Humpel und treiben mir gelegentlich sogar die Tränen in die Augen, weil ihre Schönheit mich überwältigt - aber das ist gut so. Denn sie erinnern mich daran, dass nicht alles auf der Welt schlecht, beschissen und per se sinnlos ist. Es gibt mehr da draußen als unsere Alltagssorgen, mehr als nur Ärger, mehr als nervige Mitauferdenwandler, mehr als... Schlicht mehr als all das, was uns täglich die Laune vermiest.

Diese Welt IST wunderschön.

Man muss nur hinsehen...